Über QuaDramA

In QuaDramA erarbeiten wir die Möglichkeiten der skalierbaren Analyse dramatischer Texte. Unser Korpus besteht momentan aus über 600 digitalisierten deutschsprachigen Dramen, insbesondere aus der Zeit zwischen 1740 und 1920. Auf diesem Korpus verbinden wir Strukturanalysen mit der computergestützten Inhaltsanalyse dramatischer Figurenrede. Diese Verbindung beider Analyseformen erlaubt es uns, computerlinguistische Tools der maschinellen Sprachverarbeitung (natural language processing, NLP) für die spezifische Domäne dramatischer Texte zu adaptieren. Struktur und Inhalt auf diese Weise analytisch zu integrieren ist nicht trivial, da sehr unterschiedliche Informationstypen in Abhängigkeit voneinander systematisch analysiert werden müssen, um für eine differenzierte Textinterpretation fruchtbar gemacht werden zu können. Die textempirischen Funde der Analysen werden neben der Einzeltext-Interpretation auch literaturhistorisch eingebunden. QuaDramA wird in der ersten Projektphase von 2017 bis 2021 von der VolkswagenStiftung gefördert; seit 2020 führen wir das Projekt außerdem unter dem Dach und mit Hilfe der Förderung des DFG-Schwerpunktprogramms Computational Literary Studies unter dem Namen Q:TRACK weiter.

In der ersten Projektphase haben wir verschiedene Aspekte der dramatischen Figur analysiert, wobei drei von zentraler Bedeutung sind:

  1. Figurentypen: Was sind Figurentypen (zärtlicher Vater/Intrigant/Narr) und von welchen Textmerkmalen werden sie konstituiert? Ist es möglich, Figurentypen automatisiert anhand dieser Merkmale zu identifizieren? Wie entwickeln sich einzelne Typen im Verlauf der deutschen Dramengeschichte.
  2. Figureninteraktion: Wie interagieren Figuren (und Figurentypen) mit anderen Figuren (und Figurentypen)? Worauf basieren ihre Beziehungen (Emotionen, Familie, soziale Zwänge) und wie verändert sich dies historisch? Gibt es prototypische Beziehungsmuster zwischen bestimmten Figurentypen (in spezifischen historischen Konstellationen)?
  3. Figurenentwicklung: Wie entwickeln sich dramatische Figuren und Figurentypen im Verlauf der Handlung eines Einzeltextes? Verändern sie ihre Position in Bezug auf den dramatischen Konflikt (Dynamik/Statik) und wenn ja, wie?

Das Forschungsprogramm der zweiten Projektphase verbindet Ziele in zwei Forschungsbereichen: Literatur-, bzw. Theatergeschichte und computational literary studies (CLS). Im ersten Bereich zielen wir auf neue Erkenntnisse über die Art und Weise ab, wie Sozialwissen in Dramen mit der Konstitution des dramatischen Konflikts zusammenhängt. Unser Arbeitsprogramm sieht darüber hinaus die Generierung eines formellen Modell des sozialen Wissens vor, das die dramatischen Figuren und das das Publikum im Laufe des Stücks akkumulieren. Auf Basis dieser Modelle können dramenhistorische Analysen angestellt werden, die etwa die Verbreitung und Entwicklung bestimmter sozialer Konstellationen, Netzwerke oder Konflikttypen sichtbar machen (Vater-Tochter / Vater-Sohn / Heirat usw.). Indem wir eine multiperspektivische Sichtweise auf Figuren- und Zuschauerwissen einnehmen, bieten wir einen intersubjektiven, metahistorischen Ansatz zur Identifizierung von poetologisch reflektierten Textelementen (etwa: Anagnorisis), die zur Sympathiesteuerung eingesetzt werden und dramatische Effekte (Katharsis) auslösen sollen.

QuaDramA ist angedockt an das Center for Reflected Text Analytics und das Stuttgart Research Center for Text Studies.

Center for Reflected Text Analytics (CRETA) Stuttgart Research Centre for Text Studies (SRCTS) Computational Literary Studies (CLS)

QuaDramA wird gefördert von der VolkswagenStiftung und dem DFG-Schwerpunktprogramm Computational Literary Studies.

VolkswagenStiftung